Eine kleine Lerngeschichte
Mein Enkelkind Hugo besuchte mich ein ganzes Wochenende lang.
Vorher überlegte ich, wie ich Hugo bei Laune halten und beschäftigen könnte. Im Sommer waren wir nicht dazu gekommen, im Garten mit Ton zu spielen, so dass Hugo mit diesem wunderbaren Material noch keine Bekanntschaft geschlossen hatte.
In der Küche breitete ich eine Folie auf dem Tisch aus. Der Ton war noch schön geschmeidig, da ich ihn gut verpackt hatte. Als ich ihn auswickelte, fragte Hugo interessiert, was das sei. Ich schnitt ein größeres Stück von dem Klumpen ab. »Na, los«, sagte ich, »fass es mal an. Du wirst merken, es ist ganz weich.« Hugo zögerte.
Ich wollte nicht warten, bis er von selbst den ersten Schritt tat, und bohrte einen Finger in Zeitlupentempo in die weiche Masse, ließ ihn einen langen Moment stecken und zog ihn wieder heraus. Hugo verfolgte meine Bewegung. Erst nachdem ich sie einige Male wiederholt hatte, traute er sich, es mir gleich zu tun. Erst bohrte er mit einem Finger, dann mit dem anderen. Schließlich begegneten sich zwei seiner Finger in der Masse – sozusagen unterirdisch. Sichtlich fand er, dass das ein schönes Gefühl war. Doch er blieb vorsichtig und betrachtete seine grau-cremigen Finger nachdenklich.
Dann bohrte er erneut und konzentrierte sich ganz auf diese Tätigkeit. Irgendwann stellte ich ihm eine Schüssel mit Wasser hin. Da merkte er: Ton mit Wasser quietscht lustig, fühlt sich warm und glitschig an. Er begann, Tonstücke zu türmen, zu schieben, zu drücken, zu drehen, sie im Wasser verschwinden zu lassen. Als er den Ton mit Wasser glättete, dabei intensiv und lange über die seidige Oberfläche strich, entspannten sich seine Gesichtszüge.
Mit Streichhölzern kann man auch bohren, dachte ich, und legte sie auf den Tisch. Hugo griff zu und steckte sie mit großer Geschwindigkeit in den Ton, alle Köpfe nach oben. Das machte ihm sichtlich Spaß. Weil er nichts sagte, erfuhr ich nicht, was sein Werk zu bedeuten hatte.
Den nächsten Erfahrungsschritt ermöglichte eine Knoblauchpresse. Dass Hugo Interesse an mechanischer Bewegung hat, wusste ich und vertraute darauf, dass er erforschen würde, wie die Presse funktioniert. Tatsächlich! Er drückte die Presse so kräftig zusammen, dass Tonwürstchen herauskamen. Das wiederholte er viele Male. Selten sah ich meinen Enkelsohn so ausdauernd und in sich ruhend. Was für Glücksmomente!
Dagmar Arzenbacher
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 01-02/14 lesen.