Wer hat den besten, fairsten Blick auf das Kind? Wer traut Kindern am meisten zu und erforscht ihre Bedürfnisse am intensivsten, um ihnen die besten Angebote zu machen? Wir, die Pädagoginnen und Pädagogen!
Aber hinter den Bergen, wenn auch nicht unbedingt bei den Zwergen, wohnen Wesen, die das viel besser machen als wir, fand Michael Fink bei seinen Streifzügen durchs WorldWideWeb heraus und stellt ein bedeutendes Dokument der Kinderfreundlichkeit vor: das »GoYa! Diskussionspapier zum Kinder- und Jugendmarketing«, in dem Marketingspezialisten Thesen postulieren, wie man den Markt vom Kleinkind- bis zum Jugendalter erobern kann. Kritisch stellt Michael Fink die Frage: Was haben und können die, das wir nicht haben und können?
»Arbeiten Sie nicht auch im Children’s Space?« So nennt das Diskussionspapier von Heidelberger Werbeleuten, offenbar im Auftrag von BMW entstanden, einen »heiß umkämpften Schauplatz für Werbung und Marketing«. Kinder, die Bewohner des Children’s Space, sind laut dem Papier eine überaus wichtige Zielgruppe für die Welt des Marketings, weil sie immer weniger werden. Logisch, dass der »Wettbewerb« um die jungen Menschen angesichts der »seit Jahren rückläufigen Geburtenrate« zunimmt. Doch weshalb betrifft uns Pädagogen die Sorge der Marketingstrategen? Weil sie etwas tun wollen, das uns zusteht, nämlich das Erziehen: »Ziel ist es, Kinder mit raffinierten Methoden zu vollwertigen Konsumenten zu erziehen…« – Vollwert-Konsumenten also! – »… denn Kinder gelten als Segment mit massiver Hebelwirkung.« Oha, Kinder sind offenbar der leicht zu bewegende Hebel, den man bedient, um den Großen was zu verkaufen.
»Segment« ist ein so schönes Wort, dass es im Text gleich noch einmal verwendet wird. Es gilt nämlich, unter den Kindern »eine Segmentation nach Alter« vorzunehmen. Hier punkten die Marketing-Leute, verglichen mit uns, ein erstes Mal: Während wir immer noch mit Begriffen wie »Kindergartenkind«, »Grundschulkind«, »Jugendlicher« und »irgendwas dazwischen« herumdilettieren, benennen die Autoren die verschiedenen Modellreihen – äh, Altersgruppen von Kindern – präzise: Von drei bis sechs ist man ein »Mini«, bis acht ein »Maxi«, wird dann zum Tween, um mit 13 zum vollwertigen Mitglied der »Kids« zu werden. Von 16 bis 19 beendet man seine Karriere bei den »Youngsters«.
Marketing und Partizipation
Kinder sind wertvoll, das wissen wir auch. Aber ihren konkret messbaren Wert haben erst die Werber herausgefiltert: Weil die Sechs- bis Dreizehnjährigen in Deutschland im Jahr 2006 über ein Finanzvolumen von 5,88 Milliarden Euro verfügten, kommt jedes »Kid« durchschnittlich jährlich auf 1006,00 Euro. Tendenz – nur keinen Neid, liebe Erzieherin – übrigens steigend. Weil laut dem Paper sinkende Realeinkommen der Eltern und steigende Kindervermögen aufeinander treffen, ist es ganz natürlich, dass Kinder ihre wirtschaftliche Stärke zunehmend ausspielen: »In immer mehr Fällen sind Kinder heutzutage Opinion Leader (Meinungsführer) innerhalb des Familienrats und damit faktisch die Käufer, wenn auch nicht die Bezahler.« In der Sprache unserer kleinen Kita-Welt heißt das: »Du bist hier zwar vielleicht der Bestimmer – aber immer noch nicht der Bezahler!«
Hinzu kommt: Kinder tauschen mit ihren Erziehungsberechtigten die Rolle als Entscheider. Was für uns Winterhoff-geschulte Bedenkenträger höchst problematisch scheint, ist für die Marketings ein schönes Beispiel für Partizipation.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 04/10 lesen.