Es gibt eine Welt, die unser Leben ebenso bestimmt wie die Welt um uns herum. Das ist die Welt der Gedanken. Wir bewegen uns darin genauso unbefangen wie im Wald oder auf einer Wiese, obwohl wir diese Welt nicht mit unseren Sinnen erreichen. Wir können sie nicht riechen, hören, fühlen, schmecken oder sehen. Wir bewegen uns im »Raum der Gründe«, wie der amerikanische Philosoph Wilfried Sellars diese Welt nannte, wenn wir denken. Wir können den »Raum der Gründe« genauso entdecken und erforschen wie die fühlbare Welt um uns herum. Wir können eine Geografie von Gedankenwegen, Begriffsterrains und Zusammenhängen zwischen Vorstellungen entwerfen. Zwar gibt es in dieser Welt klare Gesetze, aber wir können mit unseren Gedanken irren.
Eine gute Möglichkeit, Teile dieser Welt zu erkunden, ist, miteinander über Gedanken zu sprechen. Wenn mehrere Menschen sich treffen und über ihre Gedanken reden, dann teilen sie diese Gedanken über Gedanken im Wortsinn. Sie bewegen sich im selben Raum, und es kann zu einem echten »Meeting of minds« kommen.
Menschen sind dabei ganz individuell gefragt – nicht im psychologischen Sinne, in dem die Lebensgeschichte des einzelnen eine Rolle spielt, sondern in ihrer Rolle als Mitglied der Denk- oder Sprachgemeinschaft mit eigener Perspektive. Wenn wir miteinander über Gedanken sprechen, dann hören wir uns denken – uns selbst und andere Menschen. Unsere Sprache kann auch den Raum der Gründe hörbar, also sinnlich wahrnehmbar machen. Das ist ein Wunder.
Ein Denk-Sprachspiel
Das Sprachspiel des gemeinsamen Denkens unterscheidet sich von anderen Sprachspielen, die wir spielen. Es ist kein Erfahrungsaustausch, kein Anekdoten-Erzählen, keine gegenseitige Information über Gelesenes oder Gesehenes, kein Erklären der Welt. All das kann zwar im Denkgespräch vorkommen, aber nicht als Selbstzweck. Ein Denkgespräch – man kann es auch Philosophieren nennen – ist gemeinsames Nachdenken über Begriffe, Gedanken und Meinungen, also ein Sprechen »zweiter Stufe«. Nicht die fühlbare Welt um uns herum ist Thema, sondern es sind unsere Begriffe, Gedanken, Meinungen über sie und uns in ihr. Das heißt, dass wir mit unseren Gedanken über die Welt selbst ins Visier genommen werden. Immanuel Kant sagte deshalb, dass sich die Philosophie mit der Frage beschäftigt, was der Mensch ist. Diese Frage zerlegte er in folgende drei Grundfragen:
• Was kann ich wissen?
• Was darf ich hoffen?
• Was soll ich tun?
Das philosophische Sprachspiel bleibt vor dem Horizont dieser Fragen immer hypothetisch in dem Sinne, dass selbst notwendige Zusammenhänge zwischen verschiedenen Begriffen, Gedanken und Meinungen zwar festgestellt werden können, aber immer nur auf der Grundlage einzelner Festlegungen, die ihrerseits nicht Thema des Sprachspiels sind. Es gibt also keine letzten Antworten, aber eine Menge neuer Ideen und Erkenntnisse über Zusammenhänge zwischen Begriffen, Gedanken und Meinungen. Dabei werden fast immer Selbstverständlichkeiten hinterfragt, denn unser neugieriger Blick auf die Außenwelt blendet die Frage nach unseren Gedanken über sie oft aus: Was meinen wir eigentlich, wenn wir von x reden?
Dieses Ausblenden ist erstaunlich, denn gerade verändertes Denken über die Welt und uns in ihr, das Hinterfragen von Begriffen und Gedanken, hat zu umstürzenden Veränderungen unseres Bildes von der Außenwelt und damit unseres Lebensalltags geführt. Und hier kommen die Kinder ins Spiel…
www.kinder-philosophieren.de
Die Akademie führt von Oktober 2007 bis Dezember 2010 einen Modellversuch zum Thema »Kinder philosophieren« an 34 Kindertageseinrichtungen und Schulen in Bayern durch. Im Mittelpunkt des gemeinsamen Philosophierens steht der Umgang mit Fragen, die Kinder bewegen, und mit Ansichten, die sie äußern.
www.philosophieren-mit-kindern-hamburg.de
Kinder haben viele Fragen, sie wollen alles wissen und verstehen. Warum nicht auch die ganz großen Fragen des Lebens mit ihnen diskutieren? »Philosophieren mit Kindern« heißt ein Verein in Hamburg, dessen Kurse regelmäßig im Museum für Kommunikation und an Hamburger Schulen stattfinden.
www.kinderphilosophie.at
Das Institut für Kinder- und Jugendphilosophie in Österreich fördert Bildung und Weiterbildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, berät Teams pädagogischer Einrichtungen, verfasst Projektbeschreibungen, entwickelt und empfiehlt Seminar- oder Arbeitsunterlagen und dient als philosophische Beratungsstelle.
http://buecherei.philo.at/
Die »Philosophische Bücherei« im Internet – für alle, die es ganz genau wissen wollen. Eine der umfangreichsten kommentierten Internet-Ressourcen zur Philosophie im Netz.
www.blinde-kuh.de
Die »Kleine Philosophie-Ecke« auf den Seiten der »Blinden Kuh«, die Kindern Grundlegendes zur Philosophie bietet. Einfach »Philosophie« in die Suchmaske eingeben.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 01-02/09 lesen.