Ich war ein typisches Mädchen, denn mein liebstes Spielzeug waren nun einmal Puppen. Sie begleiteten mich während meiner ganzen langen Kindheit. Ein Leben ohne Puppen konnte ich mir gar nicht vorstellen. Vielleicht, weil ich ein Einzelkind war. Sie trösteten mich, mit ihnen sprach ich, kommandierte sie, verarztete sie und zwang sie zu unbedingtem Gehorsam. Sie wurden beschimpft, liebkost, angezogen, ausgezogen, gefüttert, bekocht, belehrt und ausgeführt.
Zum Beispiel Puppe Renate. Tante Hanni hatte sie mir geschenkt, und ich sollte ganz vorsichtig mit ihr umgehen, denn sie war schon fast so alt wie meine Tante, hatte ein Porzellanköpfchen, zartrosa Wangen, Arme und Beine aus Porzellan und echte Haare, lang und schwarz. Sie schlief in einem verschnörkelten Eisenbettchen, wurde mit weißen, bestickten Kissen zugedeckt und trug ein rosa Spitzenkleid. Puppe Renate hatte kleine braune Augen, ohne Iris, und Lider mit schwarzen Wimpern, die je nach Kopflage klimperten. Ganz geheuer war mir das nie.
Weil sie so vornehm war, so zart und zerbrechlich, erklärte ich sie zu meinem Stiefpuppenkind. Ich drückte ihre Augen zu, aber sie öffnete sie stets eigenwillig und schlief nicht ein, wenn ich es von ihr verlangte. Also drückte ich noch ein bisschen mehr auf die Lider – und die Augen verschwanden in ihrem Kopf. O je!
Meine Mutter tröstete mich, und Puppe Renate wurde zum Puppendoktor gebracht, der ihr den Augensteg richtete. Der Augensteg wurde aus Draht gebogen und war mit einem Gewicht aus Zinn versehen. Viele Augen lagen bei dem Doktor im Regal wie auf einer Augenbank. Je nach Typ gab es die unterschiedlichsten Modelle. Ich fand sie gruselig, wie sie da so lagen.
Renates Stoffkörper war wasserscheu. Sie ließ sich nicht in die Wanne stecken. Ganz anders mein Baby Klaus, ein pflegeleichtes Puppenkind, weil es keine Haare hatte, glatte Arme und Beine. Sein Celluloidkörper konnte stundenlang gewässert werden. Aber auch Klaus musste eines Tages zum Puppendoktor, da seine Arme nur noch an dünnen Gummifäden baumelten. Beim An- und Ausziehen hatte ich ihm zu oft die Gelenke verdreht.
Zu meiner Familie gehörte auch ein kleines schwarzes Püppchen. Es hieß Toxi. In Berlin gab es damals viele Besatzerkinder, so nannten meine Eltern die farbigen Jungen und Mädchen. Manche hießen Toxi.
www.vdp-ev.de
Wenn Puppen auf der Bühne stehen, nennt man das Puppentheater. Der Verband Deutscher Puppentheater ist die berufständische Vertretung der professionellen Puppen- und Figurentheater in der Bundesrepublik Deutschland. Auf der Seite findet man viele Tipps, Adressen und Spielpläne aller Puppentheater.
www.spielzeugmuseum.rothenburg.de
In Rothenburg ob der Tauber gibt es ein Puppen- und Spielzeugmuseum. Wem das zu weit ist, der bekommt auf der Website einen umfangreich bebilderten Einblick in die Puppen-Geschichte.
www.puppenklinikum.com
Wenn der Steiff-Teddy den Kopf hängen lässt – kein Problem. Professionelle Hilfe gibt es in der Puppenklinik.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 10/09 lesen.