oder Vom Wert des Kaffeeklatschs, der Klischees und der Irritation
Dr. Frauke Hildebrandt war an der Entwicklung des Programms »ponte. Kindergärten und Grundschulen auf neuen Wegen« und des Gemeinsamen Orientierungsrahmens für die Bildung in Kindertagesbetreuung und Grundschule beteiligt. In einem Gespräch hält sie Rückschau, berichtet von gelungener Kooperation im Lande Brandenburg und weist auf deren Bedingungen hin. – Erika Berthold zeichnete das Gespräch auf.
Wenn Sie heute zurückschauen – was hat sich verändert? Wo hapert es noch?
In den letzten 20 Jahren hat sich die Idee davon, was Kinder brauchen und wie Bildung zu organisieren ist, ziemlich verändert. Inzwischen weiß man, wie zeitgemäße Pädagogik aussieht, und kennt die entwicklungspsychologischen Fakten – in der Regel, in guten Kitas und Grundschulen.In anderen Grundschulen und Kitas Brandenburgs hat man allerdings noch ein unzeitgemäßes Bild vom Kind, und Bildung wird vorwiegend als Vermittlung oder Beschäftigung verstanden.
Mein Eindruck ist, dass das auf Grundschulen stärker zutrifft als auf Kitas. Und das, obwohl Erzieherinnen, die eine Fachschulausbildung haben, gesellschaftlich nicht besonders hoch anerkannt sind, während Grundschullehrerinnen, die finanziell viel besser ausgestattet sind als Erzieherinnen, weil sie eine Hochschulausbildung haben, deutlich mehr Anerkennung bei den Eltern genießen. Das heißt: Erzieherinnen und Lehrerinnen befinden sich nicht auf Augenhöhe.
Nach meinen Erfahrungen lässt sich Augenhöhe übrigens nicht herstellen, indem man sagt: Wir begeben uns jetzt mal auf Augenhöhe, treffen uns und organisieren ein paar Kinderfeste zusammen. Kinderfeste gibt es überall, aber das heißt nicht, dass man kooperiert. Und es geht auch nicht um bloßen Informationsaustausch, nach dem Motto: Wer gibt wem wann den Schlüssel?
Was verstehen Sie unter Kooperation?
Gelingende Kooperation heißt für mich: Im Interesse der Kinder verändere ich meine eigene Handlungsroutine, weil ich die andere Institution kennen gelernt habe und weiß, wie sie arbeitet. So etwas kommt in der Praxis aber nicht oft vor.
Woran liegt das Ihrer Ansicht nach?
Was die Beteiligten unbedingt brauchen, ist zuerst einmal eine Begegnung der Fachleute – ohne die Kinder. Die Erwachsenen müssen miteinander in Kontakt kommen, um die menschliche und die professionelle Ebene auszubauen. Das ist das A und O.
Dann brauchen sie – zwar ist das trivial, aber ich sage es trotzdem – einen Vertrag, einen Terminkalender und feste Ansprechpartnerinnen in Kita und Grundschule. Das schließt aus, dass immer diejenige, die die erste Klasse übernimmt, automatisch zur Partnerin für die Erzieherinnen wird, ob sie will oder nicht.
Als ersten Schritt in der fachlichen Auseinandersetzung müssen die Erzieherinnen erfahren, nach welchem Konzept die Grundschule arbeitet. Und die Lehrerinnen müssen erfahren, wie die Kita arbeitet. Man muss die Grundlagen kennen, und zwar nicht nur theoretisch – Was steht in den Plänen? –, sondern ganz praktisch, bei Hospitationen zum Beispiel.
Die Lehrerin muss Zeit in der Kita verbringen, um mitzuerleben, wie die Erzieherinnen arbeiten. Also nicht, um zu gucken, wie die Kinder sind und welche Defizite sie womöglich haben. So läuft es nämlich meistens. Vielmehr muss sie sich anschauen, wie zeitgemäße Kita-Arbeit aussieht. Und die Erzieherinnen müssen die Schule kennen lernen, denn dort wird auch nicht mehr wie vor 30 Jahren gearbeitet. Das ist die Basis, auf der eine gemeinsame Idee von Lernen entstehen kann, und darum geht es.
Was meinen Sie mit der gemeinsamen Idee von Lernen?
Man muss sich darüber verständigen, was Kinder brauchen, um gut lernen zu können. Man muss ähnliche Ideen haben, wie ein Kind sich entwickelt. Das ist nur im Austausch möglich…
… und in gemeinsamen Projekten?
Schon, aber nicht nur. Kinder brauchen nicht hunderttausend Projekte. Für sie sind ganz banale Sachen wichtig. Sie müssen das neue Gebäude kennen lernen, müssen wissen, wo die Toiletten sind, wo man Schal und Jacke anhängt, wo die Schulmappe hinkommt, wie die Mahlzeiten ablaufen, wo man die Pausen verbringt. Das ist wichtiger als ein Rechen-Projekt. Wenn die Kita-Kinder in die Schule eingeladen werden, ist weniger immer mehr.
Wir wissen, dass es die Kinder-Angst vor der Schule noch gibt. Die Raumstrukturen sind andere, die Zeitstrukturen auch. Vorschulkinder haben noch eine völlig andere Raumwahrnehmung als ältere Kinder. Sie nehmen alles viel größer und weiter wahr. Schulen sind für sie unübersichtlich, und der Tagesablauf ist anfangs verwirrend.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 06-07/13 lesen.