Impuls zum Lauffeuer
In der Kita »Haus der kleinen Lebenskünstler« im rheinland-pfälzischen Unkel geschehen magische Dinge. Ständig schlüpfen dort Ideen oder Gedanken in die Welt. Manchmal finden sie keinen guten Boden, um zu wachsen. Manchmal leuchten sie kurz auf und eh man sich versieht, kommen schon die nächsten um die Ecke, manchmal brauchen sie Zeit, um zu reifen, und manchmal wird aus einer winzigen Idee oder einem mini-kleinen Gedanken eine ziemliche große Sache. Die Atelierista Gundi Bahr hält kleine und große Momente für uns fest.
Als ich in den noch dunklen Morgenstunden die Kita betrat, hatte ich keine Ahnung, was hier passiert ist. Meine Chefin Silvia Hummerich-Holderer fing mich an der Eingangstür ab. Mit den Worten »Komm und guck, was gestern entstanden ist!« nahm sie mich bei der Hand und ging mit mir in den Forscherraum. Dort leuchteten mich die Glühbirnenaugen von zwei Robotern an, die vorgestern definitiv noch nicht hier waren. Mir ging das Herz auf: An meinem freien Tag waren Blechbüchsenfiguren geschlüpft. »Genau das ist es!«, dachte ich, als meine Kollegin Claudia Muß, die den gestrigen Prozess begleitet hatte, zur Tür herein schaute. Ich sah in ihr Gesicht und wusste: »Sie brennt.« Und zwar genau für das, was wir hier immer wieder erleben.
Wie konnte das passieren?
Kurz vor der Mittagspause habe gestern ein Kind im Forscherraum mit den Worten »Roboter bauen!« vor ihr gestanden, erzählte sie uns. Ihr erster Gedanke sei »Oh, nein!« gewesen, unmittelbar gefolgt von der Frage, warum in unserer Kita Ideen immer in denkbar ungünstigen Momenten zur Welt kommen. Nämlich genau zu Beginn der Pausenzeiten. Der kleine Mensch war hartnäckig und Claudia ließ sich auf ihn ein. Glücklicherweise, denn sonst wäre dieses Projekt vielleicht nicht entstanden. Im entscheidenden Moment habe sie einen kleinen Impuls gespürt, und gewusst, »dass es gut wird«. Was dann passierte, könne sie nur mit »Magie« beschreiben.
Gemeinsam hätten sie in unserer Auseinanderschraubwerkstatt geeignete Materialien gesucht und gefunden und vor allem auch ganz tolle Blechbüchsen. Dann habe das große Zusammenkleben begonnen und es hätten dann auch noch zwei weitere Kinder ihre Hilfe angeboten. Deren Ideen für eigene Roboter, die ihnen beim Mitbauen kamen, hätten zum Glück noch bis nach der Pause warten können. Es seien dann im Laufe des Nachmittags immer mehr Kinder dazu gekommen, die immer mehr Roboter zur Welt bringen wollten, und ich solle mich schon mal auf was gefasst machen.
Neben all der Überraschung, war ich ein bisschen auch nicht überrascht. »Roboter« war nämlich einige Wochen zuvor bereits ein Thema. Die Kinder unterhielten sich über Roboter und schauten sich Roboter in Büchern an. Dann aber war ich doch erstaunt, dass ein Kind den damaligen Impuls nach so langer Zeit aufgreift und in seiner Entschiedenheit und Begeisterung andere mit sich reißt.
Gundi Bahr ist Atelierista und ressourcenorientierte Kunsttherapeutin. Sie arbeitet seit 2014 im »Haus der kleinen Lebenskünstler« in Unkel. Freiberuflich unterstützt und begleitet sie Kita-Teams, die offen arbeiten wollen.
Kontakt
Instagram, Facebook: atelierista_on_tour
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 03-04/2022 lesen.