»Den ganzen Tag mit Kinder spielen? Wär mir nix!«, sagt Chris: »Im Beruf brauche ich ständig neue Herausforderungen statt ewiger Routine!« »Ich will im Job körperlich gefordert werden, das geht ja wohl nicht mit Legospielen zusammen!«, grinst Karolin. »Mir kommt eher die Rolle eines Entscheiders zu!«, spielt sich John auf. »Mir wäre das auch nichts mit dem ewigen Spielen«, sagt Heike, die vierte in der Runde.
»Deswegen habe ich mich ja auch für einen Job entschieden, der so unvergleichlich viele Berufsfelder vereint – den der Erzieherin! Und das Beste ist: Innerhalb kürzester Zeit wechsele ich mein Aufgabengebiet, so dass wirklich nie Langeweile aufkommt!« Und dann hören die drei aufgeregt zu, was Heike alles für tolle Jobs hat.
8.20 Uhr: Call-Center-Mitarbeiterin
»Guten Morgen, Kita Glockenblümchen, Sie sprechen mit Sandra am Apparat, womit kann ich dienen?« Diesen Satz sage ich heute schon zum zehnten Mal in den Hörer, um mir die Anliegen der Anrufer anzuhören und zu antworten: »Nein, gar kein Problem!« »Kommt er denn morgen wieder?« »Der findet doch erst übermorgen statt« oder »Wir haben gestern nochmal die ganze Garderobe durchsucht, aber da war er auch nicht« Wichtigste Regel im Callcenter ist: Immer freundlich bleiben! Auch wenn es nervt, dass man immer wieder unterbr... – Moment, bin gleich wieder da: »Guten Morgen, Kita Glockenblümchen...!«
8.40 Uhr: Gabelstapler
»Will auch auf deinen Arm!« »Aber da sitzt doch schon Jim, und Lilly krabbelt auch grade schon hoch...« »Apropos Arm – könnten Sie bitte Laura nehmen, die verabschiedet sich sonst so schlecht?«
9.15 Uhr: Schauspielerin
Die zutiefst unsympathische Mutter von Jonas herrscht mich wütend an, dass wir schon wieder mit den Morgenkreis begonnen hätten, ohne auf ihren Sohn zu warten, der schließlich nichts für den Biorhythmus seiner Mama könne, die ein Mindestmaß am Verständnis voraussetze... Einfach rausschubsen und vorher schlimme Worte sagen? Lieber nicht: Ich setze stattdessen mein sanftestes Lächeln auf und eine betont warme Stimmlage: »Zuerst einmal möchte ich mich sehr herzlich dafür bedanken, dass Sie so offen das Gespräch suchen...«
9.20 Uhr: Animierdame
Hausmeister Schrotzke legt großen Wert darauf, dass alles seinen Gang geht – und sein Gang ist sehr schleppend... Aber ich kann genauso wenig warten wie die zerbrochene Trittstufe an der Hochebene. Also nähere ich mich Schrotzke mit plinkernden Augendeckeln und flöte: »Kann ich mal einen technisch begabten Mann etwas bitten? Es gibt dann auch Kaffee und Kuchen!«
9.55 Uhr: Hausmeisterin
Hausmeister Schrotzke hat das missverstanden und sitzt nun in der Küche bei Kaffee, Kuchen und der immermüden Praktikantin. Gut, dass ich meinen Ärger darüber bei der Reparatur der Trittstufe mit dem Akkuschrauber wieder loswerden kann!
10.06 Uhr: Fußballtrainerin
Meine Nationalelf zählt zu den schwierigsten Teams der Welt: Einer trifft nie den Ball, dafür immer die Nasen seiner Mitspieler. Ein anderer schießt oft ins Tor, aber nie in das der gegnerischen Mannschaft. Alle wollen den Ball zugespielt kriegen, aber keiner abgeben. Wie gemein: Ausgerechnet beim Kitafußball wird man trotz dauerhafter Misserfolg niemals als Trainer entlassen..!
10.55 Uhr: Paarberater
Lilly und Marta haben sich nach mehrjähriger, wechselvoller Spielpartnerschaft etwas auseinandergelebt. Ich versuche zu vermitteln, indem ich zunächst beide bitte, in Ich-Botschaften ihre Sicht darzulegen – und dann die Vorzüge des anderen zu benennen. Klappt einigermaßen...
11.00 Uhr: Chef
Entscheidungen treffen ohne Mitwirkungsmöglichkeiten – das passt nicht zum modernen Unternehmer. In einem anstrengenden Beteiligungsprozess frage ich Bedürfnisse und Erwartungen innerhalb meiner Mitarbeitergruppe ab – um am Ende Richtlinienkompetenz zu beweisen: »Nach eingehender Beratung bin ich zu folgendem Ergebnis gekommen: Wie gehen zum Zirkusspielplatz! Auch wenn ich deinen Wunsch, Leon, zur Plantsche zu gehen, gut verstehe!«
11.14 Uhr: Verfahrenstechnikerin
Es ist nicht leicht, anderen präzise Tätigkeitsbeschreibungen zu machen! Schon gar nicht, wenn Zeitdruck und Lärm die Kulisse bilden – wie gerade in der Garderobe: »Du musst die eine Schnur da einmal zur Schlaufe binden, so, und dann bei der anderen Schur, die auch eine Schlaufe ist, ein ganz kleines Stückchen Schlaufe durch die andere Schlaufe hindurch ziehen … kommst du noch mit?«
11.30 Uhr: Detektiv
Ein neuer Auftrag ist gerade hereingekommen: »Beobachten Sie möglich unauffällig Bildungsprozesse der Kinder – und schießen Sie Beweisfotos!« Ich zücke die Kamera, knipse eine verdächtige Szene im Bauraum – aber, verdammt, man enttarnt mich: »Du knipst uns!«, sagt der zu observierende – und setzt sein breites Fotogrinsen auf. Mist!
12.00 Uhr: Werbefachfrau
Mein anzuwerbendes Produkt sieht grüngrau-glibberig aus, aber das spielt jetzt keine Rolle. Mutig reiße ich meine Augen weit auf, lächle und sage: »Mmh! Schmatz! Jieper! Was uns da die Küche wieder Leckeres aufgetischt hat – ich hab jedenfalls richtig Hunger!« Der Clip kommt gut an, und die Kinder essen los.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 04/15 lesen.